Eine wesentliche Nutzungsänderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen ist genehmigungspflichtig nach den jeweiligen Landesbauordnungen.
Wann ist ein Antrag auf Nutzungsänderung notwendig?
Ob eine Nutzungsänderung wesentlich ist, ist allein schon eine komplexe Frage.
Sobald sich Parameter ändern, die für eine Baugenehmigung relevant sind, kann man davon ausgehen, dass die Nutzungsänderung wesentlich ist und damit genehmigt werden muss. Eine erste Einschätzung bekommt man kostenlos vom Bürgerservice der zuständigen Bauaufsicht.
Hier ein paar Beispiele für unwesentliche Nutzungsänderungen:
1. Eine Gastronomie wechselt von einem einfachen Schnellrestaurant in ein Feinschmecker Restaurant. Die Anzahl der Beschäftigten, der Sitzplätze, der WCs und die Grösse der Küche ändert sich nicht. Die Änderung ist keine Änderung im Sinne der Bauordnung, weil die Nutzung Gastronomie sich nicht verändert, keine baulichen Änderungen durchgeführt werden und sich die Größe gleich bleibt.
2. Ein Laden für Haushaltsgeräte mit 100 qm Verkaufsfläche wird ersetzt durch ein Laden für Bettwäsche. Hierbei werden 5 qm der alten Lagerfläche zusätzlich als Verkaufsfläche genutzt. Die Änderung ist geringfügig und nicht muss nicht extra genehmigt werden. Es handelt sich um Verkaufsflächen mit nur unwesentlichen Unterschieden.
Beispiele für genehmigungspflichtige Nutzungsänderungen:
Sobald sich jedoch Dinge ändern, die bei einem Neubau auch genehmigungspflichtig wären, muss man davon ausgehen, dass eine wesentliche Nutzungsänderung vorliegt, die genehmigt werden muss. Auch hierzu ein paar Beispiele:
3. Ein ehemaliges Büro soll in eine Praxis für Physiotherapie umgewandelt werden.
4. In einem Industriegebiet wird ein grosses Lager für Elektrogeräte mit kleiner Verkaufstheke in eine 1000 qm grosse Verkaufsfläche für gleichartige Elektrogeräte mit kleinem Lager umgewandelt.
5. Innerhalb eines produzierenden Gewerbes wird eine Werkstatt in ein Büro umgewandelt.
6. Eine Apotheke soll in ein Döner-Imbiss umgewandelt werden.
7. Büro-Flächen sollen in Wohnungen umgebaut werden oder umgekehrt.
Für diese Beispiele sind für eine Genehmigung folgende Punkte relevant:
Auf städtebaulicher Ebene (Baunutzungsverordnung BauNV):
Die Art der baulichen Nutzung ist für unterschiedliche Bauflächen im BauNV § 1 bis 15 eingeschränkt oder näher definiert. So sind z.B. in reinen Wohngebieten nur wenige Formen von Gewerbe zulässig. In Gewerbegebiete dagegen sind in de Regel keine Wohnungen zulässig.
Die jeweiligen Gebiete sind im Flächennutzungsplan und in Bebauungsplänen festgeschrieben. Dort werden zum Beispiel bestimmte Nutzungen ausgeschlossen, z.B. keine Glücksspielstätten oder keine Sex-Shops, keine störenden Gewerbe mit Lärm und schädlichen Immissionen.
Auf der Ebene der Bauordnung, z.B. BauO NRW:
Hier geht es darum, ob das bestehende Gebäude für die neue Nutzung alle Anforderungen der Bauordnung erfüllt. Um dies vollständig zu erläutern, müsste man die ganze Bauordnung in ihrer ganzen Komplexität komplett durchdeklinieren, was den Rahmen hier sprengen würde. Deshalb gebe ich hier nur ein paar häufige Beispiele.
Stellplätze
Sobald die neue Nutzung in der Stellplatzsatzung oder in NRW in den „Richtzahlen für den Stellplatzbedarf“ in eine andere Kategorie fällt, berechnet sich der PKW-Stellplatzbedarf neu. Ein Warenlager hat einen anderen Stellplatzbedarf als ein eine Verkaufsfläche mit Publikumsverkehr, siehe das Beispiel 4.
Betriebsbeschreibung
Hier sind Änderungen bei der Anzahl der Beschäftigten, bei Lärm, Betriebs- und Öffnungszeiten, Publikumsaufkommen und einiges mehr zu prüfen. Anzahl der erforderlichen WCs, Sozialräume, Ruheräume, Emissionsschutz stehen hier im Focus, um nur die wichtigsten Punkte zu nennen.
Brandschutz
Wichtig sind hier die Anzahl der Personen, neue Brandlasten, Zündquellen und deren Auswirkungen auf Rettungswege und Fluchtwege.
Wenn ein Restaurant für 50 Sitzplätze in eine Disko für 250 Personen umgewandelt wird, ändern sich die Brandschutzanforderungen zum Beispiel enorm.
Hygiene und Lüftung
Hier ist vor allem das Thema Küchen in allen ihren unterschiedlichen Grössen und Bestimmungen ein wichtiges Thema. Die Gewerbeaufsicht und das Gesundheitsamt schauen bei Gastronomien sehr genau hin.
Lüftung ist aber auch ein Thema für andere Nutzungen. Jeder Raum muss belüftet werden, sei es mit Fenster-Öffnungsflügeln oder mechanische Lüftung. Dies gilt vor allem für innenliegende Räume, wie Abstellkammern, Lager, WCs usw.
Wer kann eine Nutzungsänderung als Bauantrag beantragen?
Antragsteller kann der Eigentümer, aber auch ein zukünftiger Mieter oder ein Bekannter des zukünftigen Mieters sein. Der Antragsteller wird im Bauantrag zum Bauherrn. Er muss dann auch die fälligen Gebühren für den Antrag bezahlen.
In der Regel muss ein Bauvorlageberechtigter, also z.B. ein Architekt den Antrag mitunterzeichnen und die notwendigen Pläne, Berechnungen und Beschreibungen beisteuern (Bauvorlagen) und die Formulare des Bauantrags ausfüllen.
Bestandsschutz
Bei genehmigungspflichtigen Nutzungsänderungen erlischt grundsätzlich der sogenannte Bestandsschutz der sich ändernden baulichen Anlage, also der Gebäudeeinheit, die geändert wird. Da gibt es kein Ermessensspielraum.
Abweichungen können jedoch genehmigt werden, wenn sie sich im Sinne der Bauordnung begründen und / oder kompensieren lassen (auch ein sehr weites Thema, was ganze Fachbücher und Kommentare füllt…).
Geprüft werden muss, ob der restliche Teil des Gebäudes Bestandsschutz hat oder komplett den heutigen Anforderungen angepasst werden muss.
Wenn zum Beispiel eine Dachgeschosswohnung in einem Altbau in eine Arztpraxis umgewandelt wird, so kann die Bauaufsicht verlangen, dass auch der Treppenraum den heutigen Anforderungen entspricht. Dies kann soweit gehen, dass eine Holztreppe und sämtliche Türen am Treppenhaus ersetzt werden müssen.
Zusammenfassung
Ein Antrag auf Nutzungsänderung ist kein Selbstläufer. Er verlangt Erfahrung genaue Fachkenntnis der Bauordnung und Baunutzungsverordnung. Gerade die Qualität von Begründungen von Abweichungen oder Befreiungen entscheidet oft über den Ausgang der Prüfung des Antrags durch die Bauaufsicht.
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